§§ 100 III, VI GWB, 2 Nr. 4 (Schwellenwerte), 3 VgV

Probleme ergeben sich bei  Bauleistungen wie folgt:

-         Abgrenzung von Bau- und Nichtbauleistungen

-         Schätzung des Schwellenwerts bei Neubauten - „Funktionstheorie“ - auch Einrichtungsgegenstände gehören zur „Funktion“ des Bauwerks bei Neuerstellung

-         „Gemischte Verträge“ – Bauleistungen und weitere Leistungen – entscheidend Überwiegen bzw. Bauleistungen als Nebenleistungen für Schwellenwert

-         UVgO bzw. VgV  oder VOB/A

-         Architekten – Fachingenieure - früher VOF, jetzt §0 UVgO, §§ 69 ff VgV

 

§ 103 GWB Öffentliche Aufträge, Rahmenvereinbarungen und Wettbewerbe

(1) Öffentliche Aufträge sind entgeltliche Verträge zwischen öffentlichen Auf­traggebern oder Sektorenauftraggebern und Unternehmen über die Beschaffung von Leistungen, die die Lieferung von Waren, die Ausführung von Bauleistungen oder die Erbringung von Dienstleistungen zum Gegenstand haben.

(2) Lieferaufträge sind Verträge zur Beschaffung von Waren, die insbesondere Kauf oder Ratenkauf oder Leasing, Mietverhältnisse oder Pachtverhältnisse mit oder ohne Kaufoption betreffen. Die Verträge können auch Nebenleistungen umfassen.

(3) Bauaufträge sind Verträge über die Ausführung oder die gleichzeitige Planung und Ausführung

  1. von Bauleistungen im Zusammenhang mit einer der Tätigkeiten, die in Anhang II der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 65) und Anhang I der Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 243) genannt sind, oder
  2. eines Bauwerkes für den öffentlichen Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber, das Ergebnis von Tief- oder Hochbauarbeiten ist und eine wirtschaftliche oder technische Funktion erfüllen soll.

Ein Bauauftrag liegt auch vor, wenn ein Dritter eine Bauleistung gemäß den vom öffentlichen Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber genannten Erfordernissen erbringt, die Bauleistung dem Auftraggeber unmittelbar wirtschaftlich zugutekommt und dieser einen entscheidenden Einfluss auf Art und Planung der Bauleistung hat.

(4) Als Dienstleistungsaufträge gelten die Verträge über die Erbringung von Leistungen, die nicht unter Absatz 2 und 3 fallen.

(5) Rahmenvereinbarungen sind Vereinbarungen zwischen einem oder mehreren öffentlichen Auftraggebern oder Sektorenauftraggebern und einem oder mehreren Unternehmen, die dazu dienen, die Bedingungen für die öffentlichen Aufträge, die während eines bestimmten Zeitraums vergeben werden sollen, festzulegen, insbesondere in Bezug auf den Preis. Für die Vergabe von Rahmenvereinbarungen gelten, soweit nichts anderes bestimmt ist, dieselben Vorschriften wie für die Vergabe entsprechender öffentlicher Aufträge.

  1. (6) Wettbewerbe sind Auslobungsverfahren, die dem Auftraggeber aufgrund vergleichender Beurteilung durch ein Preisgericht mit oder ohne Verteilung von Preisen zu einem Plan oder einer Planung verhelfen sollen.

 

§ 2 VgV Vergabe von Bauaufträgen

Für die Vergabe von Bauaufträgen sind Abschnitt 1 und Abschnitt 2, Unterabschnitt 2 anzuwenden. Im Übrigen ist Teil A Abschnitt 2 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Januar 2016 (BAnz AT 19.01.2016 B3) anzuwenden.

VOB Teil A - VOB/A

Allgemeine Bestimmungen für die Vergabe von Bauleistungen

Abschnitt 1

Basisparagrafen

  • 1 Bauleistungen

Bauleistungen sind Arbeiten jeder Art, durch die eine bauliche Anlage hergestellt, instand gehalten, geändert oder beseitigt wird.

  • 2

Grundsätze

(1)        Bauleistungen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt. Wettbewerbsbeschränkende und unlautere Verhaltensweisen sind zu bekämpfen.

(2)        Bei der Vergabe von Bauleistungen darf kein Unternehmen diskriminiert werden.

(3)        Bauleistungen werden an fachkundige, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmen zu angemessenen Preisen vergeben.

(4)        Auftraggeber, Bewerber, Bieter und Auftragnehmer wahren die Vertraulichkeit aller Informationen und Unterlagen nach Maßgabe dieser Vergabeordnung oder anderer Rechtsvorschriften.

(5)        Die Durchführung von Vergabeverfahren zum Zwecke der Markterkundung ist unzulässig.

(6)        Der Auftraggeber soll erst dann ausschreiben, wenn alle Vergabeunterlagen fertig gestellt sind und wenn innerhalb der angegebenen Fristen mit der Ausführung begonnen werden kann.

(7)        Es ist anzustreben, die Aufträge so zu erteilen, dass die ganzjährige Bautätigkeit gefördert wird.

Entscheidungen und Literatur:

EuGH, Urt. v. 17.12.2020 - C‑475-19P und C‑688-19P - Vermarktung von Bauprodukten - Rechtsmittel – Rechtsangleichung – Verordnung (EU) Nr. 305/2011 – Harmonisierte Bedingungen für die Vermarktung von Bauprodukten – Harmonisierte Normen und harmonisierte technische Vorschriften – Harmonisierte Normen EN 14342:2013, EN 14904:2006, EN 13341:2005 + A1:2011 und EN 12285-2:2005 – Nichtigkeitsklage Deutschlands – bejahte Zulässigkeit – keine Begründetheit

EuGH, Urt. v. 22.04.2021 - C - 537 – 19 - Wiener Wohnen – Abgrenzung von Miet- und Bauvertrag – kein entscheidender Einflusszulässige Direktvergabe eines langfristigen Mietvertrages über eine noch nicht errichtete Immobilie ohne einen weit über die üblichen Vorgaben des Mieters einer solchen Immobilie hinausgehenden entscheidenden Einfluss auf Struktur, Größe, Außenwände und tragende Wände, Gebäudeeinteilung – Festlegung der wesentlichen Grundzüge der Immobilie bereits vor den Verhandlungen über den Mietvertrag – Unschädlichkeit der üblichen Beauftragung einer Ingenieurfirma zur Absicherung des vorgesehenen Einzugszeitpunktes – Entscheidung wie bisherige Rechtsprechung (Urt. v. 12. 7. 2001 C-399/98 - Ordine degli Architetti; Urt.v. 27. November 2019 – C-402/18 – Tedeschi; Urt. v. 10. Juli 2014 – C 213/13 - Impresa Pizzarotti; Urt.v. 25. März 2010 – C-451/08 - Helmut Müller; Urt. v. 29. 10. 2009 – C536/07 - Kommission/Deutschland

EuGH, Urt. v. 24.09.2019 - C - 63 – 18 – Vitali – unberechtigter Ausschluss – Bauauftrag - Beschränkung des Unterauftragsteils auf 30 % für Bieter (Italien) - amtlicher Leitsatz: „Die Richtlinie 2014/24/EU ... ist dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, die den Teil des Auftrags, den der Bieter als Unterauftrag an Dritte vergeben darf, auf 30 % beschränkt.“

BGH, Beschl. v. 06.10.2020 - XIII ZR 21 – 19 - heizungstechnische Sanierungsarbeiten – Ausschluss – Leistungsfähigkeit – Schadensersatz - Amtlicher Leitsatz: a) Die Eignung eines Bieters, insbesondere seine für die ordnungsgemäße Leistungserbringung erforderliche Leistungsfähigkeit, darf nur an Kriterien gemessen werden, die der Auftraggeber in den Vergabeunterlagen genannt hat oder die sich unter Berücksichtigung von Art und Umfang der zu erbringenden Leistungen sowie des vorgesehenen Ausführungszeitraums zwingend aus der Sache ergeben. b) Wegen Nichterfüllung von Anforderungen an die Personalausstattung, die in den Vergabeunterlagen nicht ausdrücklich verlangt werden, darf ein Bieter nur dann als nicht hinreichend leistungsfähig ausgeschlossen werden, wenn aufgrund konkreter Umstände objektiv zumindest ernsthafte Zweifel daran bestehen, ob er mit dem ihm zur Verfügung stehenden Personal den Auftrag ordnungsgemäß und fristgerecht ausführen kann. c) Schließt der Auftraggeber einen Bieter zu Unrecht wegen Nichterfüllung nicht-bekanntgemachter Eignungskriterien als ungeeignet aus und erteilt den Auftrag einem anderen Bieter, steht es dem Schadensersatzanspruch des ausgeschlossenen Bieters nicht entgegen, dass der Auftraggeber die Erfüllung und den Nachweis dieser Eignungskriterien in den Vergabeunterlagen hätte voraussetzen dürfen.“ „Die Darlegungs- und Beweislast für in den Vergabeunterlagen nicht mitgeteilte Anforderungen an die Personalausstattung, die sich objektiv zwingend aus Art und Umfang der angebotenen Leistungen sowie dem vorgesehenen Ausführungszeitraum ergeben, liegt bei dem Beklagten. Dagegen trifft die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass sie mit ihrem Angebot zulässige Eignungsanforderungen erfüllt hat. Dazu gehört im Streitfall gegebenenfalls die Verfügbarkeit von Arbeitskräften, die die Klägerin von anderen Unternehmen hinzuziehen wollte.“ – Aufhebung und Zurückverweisung

BGH, Urt. v. 03.07.2020 - VII ZR 144 – 19 – Fahrbahnerneuerung – Vertragsschluss – Aufhebung – im Streitfall kein Vertragsschluss bei abweichendem „Zuschlag“ (Änderung der Vertragsfristen als neuer Antrag) und abweichender Erklärung des Bieters (Mehrvergütung wegen Änderung der Vertragsfristen – fehlende Annahme) - Fortführung von BGH, Urt. v. 6. 9. 2012 - VII ZR 193/10 – Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs wegen Aufhebung des Verfahrens (verneint, da rechtmäßige Aufhebung infolge grundlegender Veränderung des Auftrags bzw. fehlender Identität des zweiten Auftrags mit dem Auftrag der gescheiterten Vergabe)

BGH, Urt. v. 17.09.2019 - X ZR 124 – 18 – LärmschutzwanderstellungRücknahme der Rüge auf Bitten des Auftraggebers – Schadensersatz in diesem Fall nicht ausgeschlossenkein Verstoß gegen § 254 BGB –Mahnbescheid und Verjährung (Individualisierung des Anspruchs) - §§ 241 II,242 BGB; § 280 I, 839 III BGB; § 160 III GWB  – amtliche Leitsätze: a) Der Teilnehmer an einem Vergabeverfahren nach dem Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ist mit einem auf einen Vergaberechtsverstoß gestützten Schadensersatzanspruch nicht ausgeschlossen, wenn er den Verstoß nicht zum Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer gemacht hat. b) Hat der Schadensersatz verlangende Bieter einen Vergaberechtsverstoß gerügt, kann ihm kein Mitverschulden nach § 254 BGB angelastet werden, wenn er die Rüge auf Bitten des Auftraggebers zurückgenommen hat, um das Vergabeverfahren nicht weiter zu verzögern.

BGH, Urt. v. 22.10.2020 - VII ZR 10 – 17 – Bau: Straßenüberführung über Gleisanlagen – Kosten eines Privatgutachters des Auftragnehmers bzw. Auftraggeberskeine Erstattungsfähigkeit nach § 21 V VOB/B - §§ 2 V, 2 IX VOB/B, §§ 92 ZPO, 96 ZPO – amtliche Leitsätze: a) Die Kosten eines Privatgutachtens, die der Auftragnehmer zur Ermittlung der Vergütung nach § 2 Abs. 5 VOB/B aufwendet, sind vom Auftraggeber nicht nach dieser Bestimmung als Teil der Mehrkosten zu erstatten. b) Entsprechendes gilt für die Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Privatgutachtens, das der Auftraggeber zur Ermittlung der Mehrvergütung in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Abs. 5 VOB/B aufgrund einer verzögerten Vergabe eingeholt hat.“ – „ Der Senat entscheidet die Frage hinsichtlich der Kosten eines Privatgutachtens zur Ermittlung der Mehrvergütung nach § 2 Abs. 5 VOB/B dahin, dass diese nicht als Teil der Mehrkosten vom Auftraggeber zu erstatten sind. Die Kosten, die zur Ermittlung der Vergütung nach § 2 Abs. 5 VOB/B aufgewendet werden, können nicht selbst Gegenstand dieser Vergütung sein ... auch nicht auf der Grundlage der Bestimmung in § 2 Abs. 9 Nr. 1 VOB/B ... Ausführungen gelten entsprechend, soweit eine Mehrvergütung in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Abs. 5 VOB/B aufgrund einer verzögerten Vergabe in Betracht kommt ...“ -  „Dem Auftragnehmer kann ... ein Mehrvergütungsanspruch in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Nr. 5 VOB/B (2006) zustehen, soweit es infolge der verzögerten Vergabe zu einer Verschiebung der Ausführungsfristen gekommen ist.. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Klägerin im vorliegenden Fall nicht hinreichend dargelegt hat, dass die von ihr verlangten Mehrkosten für die technische Bearbeitung auf eine Verschiebung der Ausführungszeit zurückzuführen waren.“

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 01.04.2020 - Verg 30 – 19 – Kanalbau – Angebotsauslegung – Nachunternehmererklärung – Rüge-Präklusion - §§ 133, 157 BGB, 160 GWB - Rügen – nicht ausreichend Beanstandungen „ins Blaue“ ohne tatsächliche Anhaltspunkte und Indizien für Verstoß gegen Vergaberecht (ausführliche Behandlung der Verspätung von Rügen, Ausnahmen und Sonderfällen mit umfangreicher Rechtsprechung) – kein Ausschluss infolge fehlender Angabe der Nachunternehmerleistungen Anforderung der Angabe von Nachunternehmerleistungen im Angebot – Einreichen der „Formblätter“ mit Möglichkeit zum Ankreuzen (Nachunternehmereinsatz) ohne Ankreuzen – Unklarheit des Angebots – Aufklärung und Auslegung des Angebots (§§ 133, 157 BGB) –berechtigte und erforderliche Aufklärung und Nachforderung (keine unzulässige Verhandlung)  – Berücksichtigung von Missverständnissen oder Nachlässigkeit hinsichtlich des unterlassenen Ankreuzens im überlassenen „Formblatt“ – Relevanz der Kenntnis der Vergabestelle vom Nachunternehmereinsatz des Bieters in vorherigen Aufträgen etc. – Abgrenzung Nachunternehmer- und „Hilfsleistungen“ (z. B. Spediteur etc.) – Dokumentation und „Nachschieben“ von Gründen - eine Entscheidung, die in allen Fällen, in denen es um Präklusion etc. sowie Auslegung von Angeboten geht, beachtet werden sollte, wen auch nicht in allem überzeugend.

OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 12.07.2016 - 11 Verg 9/16 - Polizeipräsidium XXX - PPP – Grundstücksankauf, die Planung, Errichtung und Finanzierung und Vermietung und Bewirtschaftung - §§ 97, I, VII,  128 III, IV GWB –Ausschluss wegen Abweichung von den Vergabeunterlagen nur bei Unmissverständlich- und Eindeutigkeit - Bieternachfrage mit einer eher fernliegenden „großzügigen" Interpretation einer kalkulationsrelevanten Anforderung in den Vergabeunterlagen - Transparenz und Gleichbehandlung: Hinweise auf andere Bieter vor Angebotsabgabe auf die Auslegungsmöglichkeit – Beigeladene: Kosten nach § 128 III, IV GWB a.F. ohne ausdrücklichen Verzichts auf Antragstellung in der mündlichen Verhandlung bei Förderung des Verfahrens durch Einreichen umfangreicher Schriftsätze.

OLG Köln, Beschl. v. 29.01.2020 - 11 U 14 – 19 – Teilneubau Krankenhaus – Akteneinsicht im Verfahren unterhalb des Schwellenwertes (abgelehnt) – Bauvergabe - Rechtschutzbedürfnis – Verwirkung – Treu und Glauben – Geheimnisschutz - §§ 165 GWB (im Unterschwellenbereich gerade nicht vorgesehen), §§ 14, 14a und 19 VOB/A (Grenzen, Geheimnisschutz, Unterschiede zwischen Information, Einsicht, Übermittlung etc.)  - § 242 BGB – § 810 BGB - Geheimnisschutz amtlicher Leitsatz: „1. Der Anspruch auf Akteneinsicht ist für Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich gesetzlich nicht geregelt. § 165 GWB [erg. Akteneinsicht] gilt nicht im Unterschwellenbereich. 2. Soweit sich ein Anspruch auf Akteneinsicht in Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich aus § 242 BGB ergeben kann, sind für den Umfang der Akteneinsicht bei Vergabeverfahren nach der VOB Teil A die Wertungen der §§ 14, 14a und 19 VOB/A zu berücksichtigen.“ – Voraussetzung der Verwirkung des aÄAuskunftsrechts (kein Eingreifen der 6-Monats-Regel etc.)

OLG München, Beschl. v. 17.04.2019 - Verg 13 – 18 - Bauauftrag  – Mischkalkulation – Mischkalkulation (+) – Nachunternehmeraustausch - Ausschluss (§§ 16 EU Nr. 3, 13 EU I Nr. 3 VOB/A ) – keine Erschütterung des indizierten Verdachts der Mischkalkulationkonkrete Anhaltspunkte für Ausschluss – bei lediglicher Übernahme der von einem Subunternehmer geforderten Preise fehlt es an der Vermutung von Preisverlagerungen – aber: „Vorliegend indizieren die von der Antragstellerin angebotenen Preise für die Leistungsverzeichnis-Positionen 1.7.1 und 1.7.2 nach der vorzitierten neueren Rechtsprechung des BGH eine Mischkalkulation. ... Die Antragstellerin hat die Indizwirkung nicht erschüttert. ... Die Ausführungen der Antragstellerin in den Aufklärungsschreiben ... sind hierzu nicht geeignet.“ – Unzulässigkeit einer im Angebot angegebenen Entsorgungsstelle und hiervon abweichende andere Firma ohne vorheriges Einverständnis des Auftraggebers

 OLG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 28.01.2021 - 54 Verg 6 – 20 – mobile Trennwände für Messe keine Bauleistung – auch abzugrenzen von Planung – Planung und Bau keine zusammenzurechnenden Lose (nicht gleichartig) – „Ein einheitlicher Auftrag ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der eine Teil ohne den anderen keine sinnvolle Funktion zu erfüllen vermag.“ (hier verschiedene Aufträge) – Komplexe (Messe – Kongresszentrum) getrennt funktional nutzbar – bei fehlerhafter Schätzung eigene „Nachschätzung“ durch Prüfungsinstanz (VK, OLG) - Kostenberechnung durch Architekten: realistische Schätzung der voraussichtlichen Baukosten – keine Beurteilungsfehler (sachfremde Erwägungen, Überschreiten der Beurteilungsgrenzen nicht erkennbar) -Ergänzung durch Schätzung der nachprüfenden Stelle (Senat) – keine Berücksichtigung bei der Schätzung der für den Bauauftrag anfallenden Bauherrenkosten, Kosten für Projektplanung, sonstige Nebenkosten, Rechtsberatung, Planungsleistungen (hier getrennte Vergabe, keine Zusammenrechnung)

Literatur

Ax, Thomas, Vergaberecht für kommunale Bauhöfe, Forum Verlag 2020

Bock, Yves /Zons, Jörn, Rechtshandbuch Anlagenbau, Praxisfragen deutscher und internationaler Anlagenbauprojekte, C.H. Beck 2020

Franke, Horst [Hrsg.]/Kemper, Ralf [Hrsg.]/Zanner, Christian [Hrsg.]/Grünhagen,  Matthias [Hrsg.]/Mertens, Susanne [Hrsg.], VOB-Kommentar, Bauvergaberecht,

Glahs, Heike, Einflüsse des Vergaberechts auf die Auslegung von öffentlichen 

Kemper, Till, BIM und Vergaberecht - Alte und neue Wege, ZfBR 2020, 36

Kues, Jarl-Hendrik/Simlesa, Gabriela, Bau- oder Lieferauftrag? – Das ist hier die Frage!, NZBau 12/2020, 765-768 

Mainka, Patrick, Die Baukonzession und das Erbbaurecht – Problem oder Lösung?, VergabeR 2020, 133

Noch, Rainer, Bauwerk Gras, Wann der Grünschnitt eine Bauleistung darstellt – eine  diffizile Abgrenzung, Vergabe Navigator 2021, 28

Pilarski, Michael, Anforderungen an eine Kostenabschätzung als Voraussetzung für eine Aufhebung einer Ausschreibung ohne Schadensersatzansprüche am Beispiel  von Bauvergaben, VergabeR 1/2020, 300

Püstow, Moritz/ Meiners, Johannes, Partnerschaftliche Bauprojekte – vergaberechtliche Wege, VergabeR 2a/2020, 281

Vodă, Oana  Dragoș, Dacian,  Public Land Lease vs Works Concession,  In Search of a Silver Lining in the Case Law of the European Courts, EPPPL 2021, 270 - Vermietung/Verpachtung öffentlicher Flächen und einer Dienstleistungs- bzw. Baukonzession

 

 OLG Dresden, Beschl. v. 2.11.2004 – WVerg 11/04 – VergabeR 2005, 258, m. Anm. v. Herrmann, Alexander (zustimmend) – „Bauauftrag“ – Funktionstheorie - Berufsschulzentrum - §§ 97, 99 II GWB, §3 2, 3 VgV – Lieferung und Montage der Erstausstattung eines Werkstatt- und Laborgebäudes als Bauauftrag ausgeschrieben – Schwellenwert nicht erreicht für Gesamtbaumaßnahme – unter 5.0 Mio. € – keine Ausschreibung nach VOL/A, da Bauauftrag (Wert der konkreten Leistung ca. 500.000 €) – Voraussetzungen des „Bauauftrags“: „Für den vergaberechtlichen Begriff des Bauauftrags kommt es mithin nicht darauf an, dass die Leistung nach deutschem Zivilrecht als Werkvertragsleistung einzustufen wäre; auch eine Werklieferung oder ein schlichter Kauf kann wegen des funktionsbedingten Zusammenhangs der zu beschaffenden Gegenstände mit dem damit auszustattenden Gebäude als Bestandteil der Bauleistung anzusehen sein....Es ist auch irrelevant, ob der Ausstattungsgegenstand wesentlicher Bestandteil des Gebäudes zu werden bestimmt ist; selbst die Beschaffung bloßer Zubehörteile i. S. des §§ 90 ff BGB kann vergaberechtlich zur Ausführung eines Bauwerks gehören...sofern sie zur Herbeiführung von dessen Funktionsfähigkeit erforderlich ist; irgendwelche Einbaumaßnahmen, mit denen eine feste Verbindung zwischen den Ausstattungsgegenständen und Gebäude geschaffen wird, sind zur Bejahung einer Bauleistung mithin nicht zwingend.... Der Gesichtspunkt der des – notwendigen – Funktionszusammenhangs macht daher auch solche Beschaffungen, die sich bei isolierter Betrachtung als Lieferauftrag darstellen mögen, zum Bestandteil einer Bauleistung....mit der Folge, dass die entsprechende Ausschreibung auf der Grundlage der VOB/A, wie auch hier, vergaberechtlich nicht zu beanstanden ist.“>im Einzelfall: Unterrichtsgebäude (Berufsschulzentrum) mit kompletter Lehrwerkstatt führt die bestimmungsgemäße Nutzbarkeit des Werkstatt- und Laborgebäudes erst herbei – weitgehende Herstellung des Gebäudes steht dem nicht entgegen, „weil die Errichtung eines „leeren“ Gebäudes ohne seine funktionsspezifische Ausstattung das Bauwerk eben nicht vollendet hat.“ – Unzulässigkeit des Nachprüfungsverfahrens wegen Nichterreichens des Schwellenwerts von 5.0 Mio. € - offen gelassen: Rechtzeitigkeit der Rüge des VOB/A-Verfahrens nach § 107 III GWB

Hinweise:

Die Entscheidung hat zunächst maßgebliche Bedeutung für die Praxis (u. a. auch für die Zuständigkeit innerhalb der Vergabestelle: Bauabteilung oder allgemeine Beschaffungsstelle?).

Kritisch ist daneben anzumerken, dass hier zwei Punkte vermischt werden.

Zum einen die Frage des Gesamtauftragswerts und damit die Festlegung des Schwellenwerts. Insofern lässt sich die Ansicht des Gerichts vertreten, wonach die zur Funktion des Bauwerks gehörenden Leistungen den Schwellenwert beeinflussen.

Zum anderen aber stellt sich die Frage, ob die Beschaffung der Einrichtungsgegenstände, die nicht als Bauleistung anzusehen sind, in der Tat nach der VOB/A mit VOB/B zu erfolgen hat. Insofern ist dem Gericht zu widersprechen; denn hier greifen m. E. die VOL/A  und die VOL/B ein. Wendet man allerdings diese Vorschriften an, so gelangt man nicht selten über den Schwellenwert von 211.000 € und müsste diese Leistungen dann in EU-Verfahren vergeben. Die Vergabekammer wäre zuständig.

Für Bauaufträge unterhalb des Gesamtauftragswertes von 5,278 Mio. € ist das Vergabeüberverfahren indes nicht eröffnet. Ob die Verwaltungsgerichte vor dem Zuschlag angerufen werden können, ist streitig (bejahend OVG Koblenz, vgl. allerdings BVerfG).

Fraglich ist in diesem Zusammenhang, ob der fehlende sog. „Primärrechtsschutzes“ nach den §§ 102 ff GWB für die Vergabestelle tatsächlich einen Vorteil bildet. Da der Antragsteller im vorliegenden Fall vor dem Überprüfungsverfahren die Vergabeprüfstelle des Regierungspräsidiums erfolglos angerufen hat, könnte es in einem folgenden möglichen Schadensersatzprozess darauf ankommen, ob der Zuschlag „an den Falschen“ erteilt wurde. Hierfür sind Entscheidung des OLG Dresden, aaO, keine Anhaltspunkte zu entnehmen. Voraussetzung wäre aber hier, dass z. B. ein nachweisbarer Verstoß z.B. gegen Grundsätze der Wertung nach § 25 VOB/A vorläge. Offensichtlich hatte der Antragsteller nur die Ausschreibung als Bauleistung gerügt. Zu bedenken wäre im übrigen, ob in der Tat auch „ein schlichter Kauf“ z. B. von Büroeinrichtungen nach den von dem OLG Dresden, aaO, angenommenen Grundsätzen zu beurteilen ist – auch etwa ohne Rücksicht auf die zeitliche Nähe der Ausschreibung der Bauleistung, ihrer Fertigstellung und der Vergabe der Büroeinrichtung, die sicherlich zur „Funktion“ eines Verwaltungsgebäudes gehört. Ohne Stühle, Tische und Schränke „funktioniert“ jedenfalls ein Bürogebäude nicht. Hier ist Skepsis geboten. Auch in der Entscheidung des OLG Dresden, aaO, klingt hier eine Einschränkung an, wenn von dem „Gesichtspunkt des – notwendigen – Funktionszusammenhangs“ die Rede ist. Die Lieferung eines Trafos für entsprechende „Häuschen“ der Energieversorger wird man sicherlich aus Bauauftrag einzustufen haben, da das „leere Häuschen“ seine Funktion nicht erfüllen kann. Auch ein Berufsschulzentrum für die Ausbildung im Bereich der Metalltechnik dürfte sicherlich ohne Erstausstattung eines Werkstatt- und Laborgebäudes seine Funktion nicht erfüllen können. Wie weit freilich die „weite Auslegung“, so OLG Dresden, aaO, in allen Fällen „geboten ist“, stellt sich durchaus als nicht endgültig entschieden dar. Die von Herrmann, aaO, in der Anmerkung aufgeworfene Frage, welche Folgen sich daneben aus § 1 a VOB/B (Lieferungen mit Baunebenleistungen – Übergewicht der Lieferung – 211.000 € als Auftragswert – aufgelegter Teppichboden? Funktion des Gebäudes?) ergeben, ist nicht aus den Augen zu verlieren. Vgl. im übrigen BayObLG, Beschl. v. 28.8.2002 – Verg 20/02 - VergabeR 2003, 76; BayObLG, Beschl. v. 237.2002 – Verg 17/02 - VergabeR 2002, 662 – zu § 1 a VOB/A; ferner OLG Jena, Beschl. v. 31.7.2003 – VergG C-16-5/01 – hierzu Noch, Vergaberecht Kompakt, 2. Aufl., 2002, 118.

 

„Baumischeinzelleistungen“ – Baueinzelleistungen –Auftragswerte – Schwellenwerte

Die Bestimmungen des § 99 VI GWB und des § 1 a Nr. 2 VOB/A verhindern, dass durch einen „Trick“ (Einbauschrank statt Schrank, verklebter Teppichboden etc.) das EU-Verfahren umgangen werden kann, indem man eine Lieferung mit einer „geringwertigen Bauleistung“ „verknüpft“ und so den Schwellenwert von 5,0 – 5,278 Mill. € unterschreitet.

 

GWB

§ 99 GWB

Öffentliche Aufträge

(1) Öffentliche Aufträge sind entgeltliche Verträge zwischen öffentlichen Auftraggebern und Unternehmen, die Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen zum Gegenstand haben, und Auslobungsverfahren, die zu Dienstleistungsaufträgen führen sollen.

(2) Lieferaufträge sind Verträge zur Beschaffung von Waren, die insbesondere Kauf oder Ratenkauf oder Leasing, Miete oder Pacht mit oder ohne Kaufoption betreffen. Die Verträge können auch Nebenleistungen umfassen.

(3) Bauaufträge sind Verträge entweder über die Ausführung oder die gleichzeitige Planung und Ausführung eines Bauvorhabens oder eines Bauwerks, das Ergebnis von Tief- oder Hochbauarbeiten ist und eine wirtschaftliche oder technische Funktion erfüllen soll, oder einer Bauleistung durch Dritte gemäß den vom Auftraggeber genannten Erfordernissen.

(4) Als Dienstleistungsaufträge gelten die Verträge über Leistungen, die nicht unter Absatz 2 oder 3 fallen und keine Auslobungsverfahren sind. (5) Auslobungsverfahren im Sinne dieses Teils sind nur solche Auslobungsverfahren, die dem Auftraggeber auf Grund vergleichender Beurteilung durch ein Preisgericht mit oder ohne Verteilung von Preisen zu einem Plan verhelfen sollen. 

(6) Ein öffentlicher Auftrag, der sowohl den Einkauf von Waren als auch die Beschaffung von Dienstleistungen zum Gegenstand hat, gilt als Dienstleistungsauftrag, wenn der Wert der Dienstleistungen den Wert der Waren übersteigt. Ein öffentlicher Auftrag, der neben Dienstleistungen Bauleistungen umfasst, die im Verhältnis zum Hauptgegenstand Nebenarbeiten sind, gilt als Dienstleistungs-auftrag.

 

VOB/A

§ 1a Verpflichtung zur Anwendung der a-Paragraphen

1.   (1) Die Bestimmungen der a-Paragraphen sind zusätzlich zu den Basis-Paragraphen von Auftraggebern im Sinne von § 98 Nr. 1 bis 3, 5 und 6 Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen für Bauaufträge anzuwenden, bei denen der geschätzte Gesamtauftragswert der Baumaßnahme bzw. des Bauwerks (alle Bauaufträge für eine bauliche Anlage) mindestens dem Gegenwert von Millionen Euro ohne Umsatzsteuer entspricht. Der Gesamtauftragswert umfasst auch den geschätzten Wert der vom Auftraggeber beigestellten Stoffe, Bauteile und Leistungen.

Als Bauaufträge gelten Verträge entweder über die Ausführung oder die gleichzeitige Planung und Ausführung eines Bauvorhabens oder eines Bauwerks, das Ergebnis von Tief- oder Hochbauarbeiten ist und eine wirtschaftliche oder technische Funktion erfüllen soll, oder einer Bauleistung durch Dritte gemäß den vom Auftraggeber genannten Erfordernissen (z.B. Bauträgervertrag, Mietkauf- oder Leasing-Vertrag).

(2) Werden die Bauaufträge für eine bauliche Anlage mit einem geschätzten Gesamtauftragswert von mindestens 5 Mio. Euro in Losen vergeben, sind die Bestimmungen der a-Paragraphen anzuwenden

-     bei jedem Los mit einem geschätzten Auftragswert von 1 Mio. Euro und mehr,

-     unabhängig davon für alle Bauaufträge, bis mindestens 80 % des geschätzten Gesamtauftragswerts aller Bauaufträge für die bauliche Anlage erreicht sind.

2.   Die Bestimmungen der a-Paragraphen sind auch anzuwenden,

-     von den im Anhang I*) der Richtlinie 93/36/EWG genannten Beschaffungsstellen, wenn eine Baumaßnahme aus nur einem Bauauftrag mit einem Auftragswert von mindestens 137.000*) Euro ohne Umsatzsteuer besteht,

-     von allen übrigen Auftraggebern, wenn eine Baumaßnahme aus nur einem Bauauftrag mit einem Auftragswert von mindestens 211.000*) Euro ohne Umsatzsteuer besteht, und bei dem die Lieferung so überwiegt, dass das Verlegen und Anbringen lediglich eine Nebenarbeit darstellt.

3,   Maßgebender Zeitpunkt für die Schätzung des Gesamtauftragswerts ist die Einleitung des ersten Vergabeverfahrens für die bauliche Anlage.

4,   Eine bauliche Anlage darf für die Schwellenwertermittlung nicht in der Absicht aufgeteilt werden, sie der Anwendung der a-Paragraphen zu entziehen.

*) jetzt 206.000 € und 133.000 €.

Ø      Problematisch sind die in § 1 a Nr. 2 VOB/A genannten Fälle – sog. „Baumischeinzelleistungen“ – also überwiegende Lieferung (z. B. Schränke) und Einbau (lediglich als Nebenarbeit) oder verklebter Teppichboden als Bauleistung (Lieferung überwiegend, Verkleben lediglich Nebenarbeit) – hier lediglich Schwellenwerte: 206.000 bzw. 133.000 („Bund“) €. Kritisch sind auch die Fälle, in denen Dienstleistungen erheblich überwiegen und die Bauleistungen wenig erheblich sind – Wartungsverträge mit Instandhaltung/Instandsetzung etc.

Ø      OLG Düsseldorf, Beschl. v. 18. 10.2006 — Verg 35/06 – VergabeR 2007, 200, m. Anm. v. Wagner, Christof (teils krit. – Vorlagepflicht?) – Sicherheitsanlagen – VOB/A - Abgrenzung Bauauftrag/Dienstleistungsauftrag – Schwellenwert - Rügepflicht – es darauf an, aufgrund einer Analyse der kennzeichnenden und in den Verdingungsunterlagen dokumentierten rechtlichen sowie wirtschaftlichen Gesamtumständen den Schwerpunkt des Auftrags zu ermitteln; soll der Auftragnehmer in erster Linie durch regelmäßige Wartung, Prüfung und gegebenenfalls Instandsetzungen geringen Umfangs einen störungsfreien Betrieb der Anlagen sicherstellen, folgt daraus die rechtliche Einordnung als Dienstleistungsauftrag; eine Interpretation, wonach bei Nichtbeachtung der Rügeobliegenheit im Fall einer erkennbar unzutreffenden Wahl des Vergabeverfahrens der Antragsteller nicht nur hinsichtlich dieses Vergabefehlers, sondern mit allen weiteren Beanstandungen präkludiert ist, die mit der Verfahrenswahl bestimmungsgemäß zusammenhängen, mit der Folge, dass ihm das Vergabenachprüfungsverfahren nicht eröffnet ist, widerspricht dem Wortlaut und Sinn von § 107 Abs. 3 GWB; stellt der Auftraggeber bei den Eignungsanforderungen in den Verdingungsunterlagen Nachforderungen, obwohl er nur die aufgrund der Vergabebekanntmachung verlangten Eignungsnachweise konkretisieren darf, ist die Forderung nicht wirksam und muss von den Bietern nicht erfüllt werden.

Ø      Vergabekammer Bund, Beschl. v. 31.7.2006  – VK 2-65/06 – Dienstleistung oder Bauleistung - Bauleistung als Nebenleistung – Wartung, Inspektion, Instandsetzungen- Rüge  - Wartung von gefahrenmelde-, informations- und sicherheitstechnischen Anlagen (VOL) - geschuldete Wartung nach dem Wartungsvertrag: regelmäßige Maßnahme zur Bewahrung des Sollzustandes und der Funktion der Anlage einschließlich der Beseitigung aller betriebsbedingten Verunreinigungen an den zentralen Einrichtungen, ist damit höchstens ein sehr geringfügiger „Substanzeingriff“ in die Anlagen der Gebäudetechnik verbunden, so dass sie als Dienstleistung und nicht als Bauleistung zu qualifizieren sind; stellen bei einer gemischten Ausschreibung Bauleistungen im Verhältnis zu den geschuldeten Dienstleistungen [Wartung, Inspektion, Instandsetzungen] nur Nebenarbeiten dar, gilt der ausgeschriebene Auftrag gemäß § 99 Abs. 6 Satz 2 GWB als Dienstleistungsauftrag; die Wertanteile der verschiedenen Leistungen vermitteln für die rechtliche Einordnung des gesamten Auftrages im Regelfall lediglich Anhaltspunkte sowie eine erste Orientierung, es sei denn, sie weisen durch ihren objektiv deutlich überwiegenden Anteil den Bauleistungen oder den Liefer-/Dienstleistungen eindeutig den Auftragsschwerpunkt zu; ansonsten kommt es auf die den jeweiligen Einzelfall kennzeichnenden rechtlichen und wirtschaftlichen Merkmale und Umstände – insbesondere auf die Verteilung der mit der Auftragsdurchführung verbundenen Risiken auf die Beteiligten und deren Gewichtung – an; wählt der Auftraggeber das falsche Verfahren, gelten nur die Regelungen des objektiv richtigen Verfahrens; sofern sich die Antragstellerin auf den nur für europaweite Verfahren bestehenden Rechtsschutz beruft, muss sie sich an den für diese Verfahren geltenden Vorschriften unabhängig davon festhalten lassen, ob ihr diese Regelungen im Einzelnen bekannt sind; für die Erkennbarkeit eines Vergaberechtsverstoßes im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 2 GWB kommt es allein auf die veröffentlichte Vergabebekanntmachung, nicht aber auf den Inhalt weiterer, den interessierten Bietern zur Verfügung gestellter Unterlagen an; erkennbar sind Regelverstöße, die bei üblicher Sorgfalt und den üblichen Kenntnissen von einem durchschnittlichen Unternehmen erkannt werden.

 

Bauvertrag - Werkvertrag - §§ 631 ff BGB

Bauverträge sind zivilrechtlich Werkverträge nach den §§ 631 ff BGB. BGB-Bauverträge und VOB/B-Verträge sind zu unterscheiden.

Vgl. z. B. Bauwerk - BGH, Urt. v. 23.1.2002 – X ZR184/99 – NZBau 2002, 387 – Müllpressanlage – Arbeit an einem Bauwerk – Verjährungsfristen in AGB-Klausel und Wirksamkeitsvoraussetzungen – Verkürzung der Verjährungsfrist durch nachträgliche Individualvereinbarung –

BGH, Urt. v. 19.3.2002 – X ZR 49/00 – NZBau 2002, 389 – Arbeiten an Bauwerk verlangen zumindest Mitwirkung des Unternehmers - Getriebegenerator zum Selbsteinbau (kein Werkvertrag) – Anlieferung und Selbsteinbau – kurze Verjährungsfrist – keine Anwendbarkeit der langen Verjährungsfrist

BGH , Urt. v. 23.02.2006 - VII ZR 168/04 – NZBau 2006, 384 = NJW-RR 2006, 741 - Anlagen des Straßenverkehrs im Sinne der HOAI - §§ 55, 51 II Nr. 1 HOAI – Planung für wegweisende und verkehrsführende Beschilderung und Markierung etc. von Bundesautobahn als Gegenstand eines Auftrags mit Pauschalhonorar – HOAI anwendbar

BGH, Urt. v. 13.6.2006 - X ZR 167/04 - NZBau 2006, 639 - Hebebühne - Konstruktionszeichnungen bis zur Fertigungsreife und Beratung bei Umsetzung der Konstruktionszeichnungen - Schadensersatz nach Werkvertragsrecht a.F.

BGH, Urt. v. 27.04.2006 - VII ZR 175/05 – NZBau 2006, 435 = NJW 2006, 2551 – AGB – Inhaltskontrolle Lieferung und Errichtung eines Fertighauses: Werkvertrag (anders bei Lieferung eines serienmäßig ausgestatteten Mobilheims auf die vom Erwerber errichteten Fundamente – kein Widerrufsrecht nach Kaufrecht – Abrechnungsklausel wirksam: „Erfolgt eine Kündigung gleich aus welchem Grund, ohne daß sie von W-Haus (= Klägerin) zu vertreten ist, hat W-Haus das Recht, eine pauschale Vergütung bzw. einen pauschalierten Schadensersatz in Höhe von 10 % des zur Zeit der Kündigung vereinbarten Gesamtpreises zu verlangen, sofern nicht der Bauherr oder W-Haus im Einzelfall andere Nachweise erbringen.“ – kein Verstoß gegen § 308 Nr. 7 a) BGB - 10%-Prozent Vergütungspauschale des Fertighausherstellers nach freier Bestellerkündigung nicht bedenklich -, NZBau 2006, 435

 

VOB/A

§ 5 Leistungsvertrag, Stundenlohnvertrag, Selbstkostenerstattungsvertrag

1.   Bauleistungen sollen so vergeben werden, dass die Vergütung nach Leistung bemessen wird (Leistungsvertrag), und zwar:

a)   in der Regel zu Einheitspreisen für technisch und wirtschaftlich einheitliche Teilleistungen, deren Menge nach Maß, Gewicht oder Stückzahl vom Auftraggeber in den Verdingungsunterlagen anzugeben ist (Einheitspreisvertrag),

b)   in geeigneten Fällen für eine Pauschalsumme, wenn die Leistung nach Ausführungsart und Umfang genau bestimmt ist und mit einer Änderung bei der Ausführung nicht zu rechnen ist (Pauschalvertrag).

2.   Bauleistungen geringeren Umfangs, die überwiegend Lohnkosten verursachen, dürfen im Stundenlohn vergeben werden (Stundenlohnvertrag).

3.   (1) Bauleistungen größeren Umfangs dürfen ausnahmsweise nach Selbstkosten vergeben werden, wenn sie vor der Vergabe nicht eindeutig und so erschöpfend bestimmt werden können, dass eine einwandfreie Preisermittlung möglich ist (Selbstkostenerstattungsvertrag).

(2) Bei der Vergabe ist festzulegen, wie Löhne, Stoffe, Gerätevorhaltung und andere Kosten einschließlich der Gemeinkosten zu vergüten sind und der Gewinn zu bemessen ist.

(3) Wird während der Bauausführung eine einwandfreie Preisermittlung möglich, so soll ein Leistungsvertrag abgeschlossen werden. Wird das bereits Geleistete nicht in den Leistungsvertrag einbezogen, so ist auf klare Leistungsabgrenzung zu achten.

§6 Angebotsverfahren

1.   Das Angebotsverfahren ist darauf abzustellen, dass der Bewerber die Preise, die er für seine Leistungen fordert, in die Leistungsbeschreibung einzusetzen oder in anderer Weise im Angebot anzugeben hat.

2.   Das Auf- und Abgebotsverfahren, bei dem vom Auftraggeber angegebene Preise dem Auf- und Abgebot der Bieter unterstellt werden, soll nur ausnahmsweise bei regelmäßig wiederkehrenden Unterhaltungsarbeiten, deren Umfang möglichst zu umgrenzen ist, angewandt werden.

 

Vertragsarten

Ø      Einheitspreisvertrag (Menge, Maß, Gewicht, Stückzahl - Angabe in den Verdingungsunterlagen - Merkmal der Abrechenbarkeit)

Ø      Pauschalvertrag - geeigneter Fall - genaue Bestimmung der Leistung in Art und Umfang, keine Änderung der Ausführung

Ø      Stundenlohnvertrag - Bauleistungen geringeren Umfangs mit überwiegendem Lohnkostenanteil

Ø      Selbstkostenerstattungsvertrag - ausnahmsweise zulässig - nicht eindeutige Bestimmbarkeit der Bauleistungen - Festlegung der Löhne, Stoffe, Gerätevorhaltungen, anderer Kosten, Gemeinkosten und Gewinn - bei einwandfreier Preisermittlung während der Bauausführung: Leistungsvertrag (Einheitspreisvertrag, Pauschalvertrag) - gefährliche Vertragsart: daher die absolute Ausnahme

 

Übersicht

 


1. Leistungsvertrag Einheitspreisvertrag Regelfall - Abrechnung nach Mengen
  Pauschalvertrag Festpreis - Ausnahme (genau bestimmte Leistung)

2. Stundenlohnvertrag Geringer Umfang – Überwiegen der Lohnkosten

3. Selbstkostenerstattungsvertrag Ausnahme: unmögliche Leistungsbeschreibung - größerer Umfang